Gehört: Culcha Candela | Mil Santos

Das digitale Zeitalter hat so seine Errungenschaften mit sich gebracht - als da wären Internetauktionshäuser, beispielsweise. Das ist einem wohl nicht immer bewusst, vor allem aber in Momenten wie diesen, in Momenten, in denen man durch gutgemeinte Promotion auf musikalische Events in fußläufiger Entfernung aufmerksam wird. So einen Moment hatte auch ich letzte Nacht.

Nun gibt es auch die andere Seite der Medaille, die Menschen, die kurzfristig zu Gästen solcher Veranstaltungen gemacht werden. Einen Tag vor dem Konzert zwei Gästelistenplätze bei einem öffentlich-rechtlichen jugendlich angehauchten Radiosender aus dem Sendegebiet des rbb gewonnen. Mein Glück war, dass der Kollege wohl im Lande von König Horst I. wohnhaft ist - und ehrlich gesagt, wer fährt schon aus beschaulichen Freistaat mal eben wegen Culcha Candela in die Stadt mit dem rot-roten Roten Rathaus?

Langer Text, kurzer Sinn: ich konnte zwei Tickets für 3,83 Euro erwerben. Nicht schlecht, wie ich finde!

In der Arena angekommen, zunächst relative Leere. Unglaublich viele Besucher scheint Culcha Candela nun also auch heutzutage nicht anzuziehen, dennoch natürlich kein Vergleich zu den Zeiten in denen ich ihre Musik kennenlernte. Es muss vor etwa vier, fünf Jahren gewesen sein, als ich damals im Waschhaus zu Potsdam diese Klänge zum ersten Mal erlebte.

Im Oktober 2009 hat sich Culcha Candela gewandelt. Die zunehmend akustisch wahrnehmbare Kommerzialisierung in den letzten Jahren hatte mich schon skeptisch gestimmt, das neue Album machte mir allerdings wieder Hoffnung - nach dem nationalen Durchbruch nun wieder zurück zu dem, was Culcha Candela damals ausgemachte?

Nun, es ist nicht mehr der bunte Haufen, der es einst war - allein rein optisch könnte man die Einheitskleidung - zunächst in schwarzer, später weißer Farbe gehalten - als symbolisch dafür ausmachen. Aber ich glaube, das erwartet das Publikum von heute auch gar nicht mehr - heute ist die Solarenergie ein Stimmungskiller. Ein Song aus der Zeit vor dem Discjockey, der den Tune zurückdrehen soll und dem Wesen, das sich in seinem Outfit derart bewegt, dass es demjenigen Werkzeug ähnelt, welches man normalerweise zum Einführen von herkömmlichen Nägeln in Materialien verschiedenster Art verwendet.

Um beim Hammer zu bleiben - wie sagte einst Mirko Slomka? "Wenn Sie zu Hause einen Nagel in die Wand schlagen, voller Überzeugung - und stellen dann fest, das Bild passt nicht, dann können Sie den Nagel rausziehen, aber das Loch bleibt." Nun, ich halte die "Schöne neue Welt" für durchaus deutlich gelungener als den Hammer, dennoch war das bei Weitem nicht wieder die alte Platte, die der DJ da aufgelegt hatte. Um nun aber nicht vollends in die Kritik abzurutschen: natürlich ist Culcha Candela irgendwie immer noch toll, aber sie sind etwas Anderes geworden. Monocoloriert, massenkompatibel, Mainstream.

Es wird beileibe nicht das letzte Mal gewesen sein, dass ich mich an dieser Musik erfreut habe - und das tat ich tatsächlich enorm, auch wenn das in meinen bisherigen Worten wohl kaum zum Ausdruck kam. Aber der Partybus hat inzwischen einen wohl zeitgemäßen Motor bekommen, an dem Geräuschdesigner von nah und fern sich zu schaffen gemacht haben. Solche Vehikel brummen heutzutage wahrscheinlich einfach nicht mehr.

Kurz noch ein paar Worte zu Mil Santos, der Vorband. Durchaus nett anzuhören, wenngleich die Bühne wohl noch einen Tick zu groß für sie war. Und überhaupt ist das keine Kapelle, für die ich zu einem Konzert gehen würde, zwar total nett in den heimischen vier Wänden bei Schummerlicht oder beim mediteranen Bierschenk des Vertrauens zu erleben, aber live muss das für mich nicht sein. Aber hört einfach mal selbst rein, lohnt sich durchaus.

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Twitter

Standort