Hamburg, meine Perle

Gut siebentausend Kilometer bin ich in den letzten drei Monaten gependelt, montags hin und donnerstags zurück. Dazwischen lagen zwölf dreieinhalbtägige Achtunddreißig-Stunden-Wochen. Und jetzt neigt sich diese Zeit dem Ende zu: nur noch zweimal schlafen, zweimal arbeiten - zwei Tage Hamburg. Schön war's - und doch wünsch' ich mir die vierundzwanzig freien Tage, die meinen Jahresurlaub nach einhundertvierundachzig Tagen Konstanz endlich von seiner Dreißig erlösen. Also Urlaub, ja, wenn man das so nennen kann - schließlich wartet auch noch die doppelte Portion Öffenlichkeitsarbeit und meine Studienarbeit in dieser Zeit darauf erledigt zu werden. Aber was soll's...


Wenn ich am Donnerstagabend meinen Ausweis am Empfang abgebe, dann werde ich schon ein bisschen stolz sein auf das, was ich in den letzten Monaten geschafft habe. Und vielleicht auch ein bisschen wehmütig, dass ich nicht mehr dabei sein werde, wenn das Projekt zu Ende geht. Mitnehmen werd' ich einiges - in Gedanken, für den Job, für's Leben. Aber trotzdem freu' ich mich darauf, den Anzug wieder Anzug sein lassen zu können, auf sein scheinbar endloses Stelldichein mit des Schrankes Staub. Poesie in meinen Ohren.

Wenn ich jetzt schon mal vorausblickend auf die Zeit in Hamburg zurückblicke, dann werd' ich mir wohl noch eine Weile vorhalten, viel zu wenig von dieser schönen Stadt gesehen zu haben. Das wurde mir erst heute auf dem Rückweg von der Arbeit wieder bewusst, als ich die Spitalerstraße entlangging und festgestellt habe, dass die Läden immer schon geschlossen hatten, wenn ich dort war. Auch, als ich gestern einen Abendspaziergang auf der Suche nach Nahrung durch Sankt Georg unternahm, dem Stadtteil mit zwei Seiten - Prädikat schnuffelig-sündig. Wenigstens hab ich das überhaupt noch mitgenommen.

Nur einmal trank' ich auf der Reeperbahn, betrat sie nur eine Handvoll häufiger. Nur einmal trank ich auf der Schanze, aber wenigstens das verdopple ich morgen noch. Nur einmal kam ich mir vor wie zu Hause, als ich auf die Mitfahrgelegenheit wartend den Demovorbereitungen zu "Hamburg: Fick dich!" zusehen durfte. Nur einmal konnte ich den Duft des frischen Grüns mit den weißen Kreidelinien einatmen, beim Pokalspiel der Rautenträger gegen die Grün-Weißen mit dem penetranten Geruch nach Meerestieren. Zwar war's so kein reiner Duft, aber wenigstens ein Mal!

Und das sind auch die Dinge, die ich mitnehme nach Berlin - alles eine Art der Freiheit. Das ist die Art Freiheit, die ich brauche. Gepaart mit der Art Stress, die rückblickend betrachtet doch sehr wohltuend war. Die Freiheit, die mich gestern glücklich machte, als ich im warmen Regen lieber durch die Stadt lief, statt schnell und trocken durch den Untergrund hofiert zu werden. Und der Stress, der mir wieder begreiflich gemacht hat, das wahre Freiheit ein inneres Empfinden ist, für die weltliche Dinge doch nur die Voraussetzungen schaffen können.

Ich glaub', ich stürz' mich gleich noch ein bisschen in Wehmut, mach einen kleinen großen Nachtspaziergang, will alles nochmal sehen, was die drei Monate ein kleines Stuck Zu Hause gewesen ist. Aber vorher sag' ich:

Danke Hamburg - bis bald und auf Wiedersehen!

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